Rabenwache
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 [WoW] Kilreas/Tarn - Schachpartie [Jahr 30]

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Silva
Frischling
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BeitragThema: [WoW] Kilreas/Tarn - Schachpartie [Jahr 30]   [WoW] Kilreas/Tarn - Schachpartie [Jahr 30] EmptyMo 5 Dez - 13:53

Verdammt. Das war mir noch nie passiert. Die kleine Traube von Tavernenbesuchern um uns herum gröhlte auf, als die blauen Augen meines Gegenübers triumphierend aufblickten und schließlich die Figur meines Königs vom Schachbrett fegten. Seine Finger umschlangen dabei seine Dame so grazil wie man es nur von einem seiner Art erwarten konnte. Jahrzehntelanges Training und dann das. Dabei sah er doch gar nicht so alt aus. Nun ja. Sahen diese Elfen jemals alt aus…?

„Verzeiht“, murmelte der Schwarzhaarige schmunzelnd, während er mir mit seiner Rechten einen Pin hinschob, der von der molligen Bardame Dimoe sofort mit einer roten, hochprozentigen Flüssigkeit befüllt wurde. Ich war beleidigt, dass ich verloren hatte, und das sah man wohl auch. Nett von ihm, mir mit Alkohol Trost über meine Niederlage verschaffen zu wollen. Nach einem kurzen Zögern griff ich nach dem Pin und leerte ihn in einem Zug. Bis auf eine besonders hartnäckige Elfendame verflüchtigten sich die Zuschauer unseres Spiels wieder in der Bar, um ihren eigenen Geschäften nachzugehen. Das Spiel war vorbei, es gab nichts mehr zu sehen. Höchstens für ihn vielleicht, wenn er sich mit der Frau an seiner Seite Mühe gab. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen fühlte er sich jedoch nicht wohl, wie sie so nahe an ihn heranrückte und ihre Brüste an seinem Oberarm rieb. Das Lächeln, das er mir währenddessen zuwarf, erschien mir beinah gequält. Jeder andere Mann hätte sich wohl zum Glückspilz erklärt. Nicht so er. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie tat er mir leid, wie er so da saß und versuchte, sie mit höflichen Worten abzuwimmeln.

„...Und? Wie geht es Eurer Frau?“, fragte ich ihn plötzlich aus dem Nichts heraus, während ich mir einen weiteren Schluck Alkohol gönnte. Immerhin war er umsonst. Seine Augenbrauen huschten in die Höhe, als hätte ich ihn ertappt. Ebenso wie jene der Dame, die langsam aber sicher von seinem Arm abließ, ihn enttäuscht musterte.
„Gut…denke ich“, murmelte er, und seine Augen verrieten mir neben seiner Verwirrung ebenso eine unverhohlene Dankbarkeit für die Lüge, die ich ihm soeben aufgezwungen hatte. Er blickte der Elfe, die nun abrupt aufstand und das Feld verließ, noch einen Moment hinterher, ehe er sich dann mir zuwandte.
„Nun…ich möchte es nicht zu laut sagen, aber…ich danke Euch“ lächelte der schwarzhaarige Elf schmal und ließ sich ebenso Alkohol einschenken.
„Jeder andere hätte mich dafür aufgeknüpft“, lachte ich. Tatsächlich kannte ich kaum einen Mann, der sich eine aufregende Nacht entgehen ließ – und danach hatte es definitiv ausgesehen.

„Wie ist Euer Name, Elf?“ fragte ich unverhohlen, während ich ihm zusah, wie er sein Glas leerte – langsam wie eine Frau. Er räusperte sich kurz, bevor er den Pin auf dem Tisch abstellte und mich erneut mit diesem freundlichen Lächeln beschenkte.
„Kilreas. Kilreas Morgentänzer“, nickte er mir zu, und ich erwiderte seine Geste. „Tarn Bachbräu. Seid Ihr schon lange in der Gegend?“
„Einige Wochen“, erwiderte er, den Blick etwas abwesend auf seinen leeren Pin gerichtet. Ich verstand das als Aufforderung, ihm nachzuschenken. Die rote Flüssigkeit drängte sich in den Pin, und ein paar Tropfen gingen daneben. Er leerte sein Glas dieses Mal zügig.
„Und, was treibt Euch in diese Lande? Ihr habt Euch hoffentlich nicht zum Ziel gemacht, sämtliche Schachspieler Pandarias zu verärgern“, zwinkerte ich. „Nicht alle sind so gute Verlierer wie ich…“, log ich offensichtlich, und der Elf lächelte erneut, wenn auch etwas verhaltener.
„Nein“, antwortete er ruhig. „Ich…suche einen geeigneten Ort, an dem ich...studieren kann.“ Seine Antwort kam zögerlich daher. Ich vermutete mehr dahinter, doch er war mir fremd, also beschloss ich, seine Freundlichkeit und seinen losen Geldbeutel nicht mit unüberlegten Worten zu vergraulen. Schließlich war der Abend noch lang und meine Taschen so gut wie leer.
„In einer Bar?“, witzelte ich, „da sucht ihr am falschen Ort, Morgentänzer. Darf ich Euch Morgentänzer nennen?“
Die blauen Augen trafen überrascht auf die meinen. Es machte auf mich den Eindruck, als hätte er seinen eigenen Namen schon lange nicht mehr von fremden Lippen gehört.
„J-ja. Natürlich.“, erwiderte er mit einem Hauch von Faszination und Verstörtheit, die an ein Kind erinnerte, dem man eine Süßigkeit an den Kopf geworfen hatte. Es folgte ein Räuspern seinerseits.
„Morgentänzer“, lächelte ich dann breit, nur um den Anblick dieser großen blauen Augen des Fremden zu genießen, die mich vor wenigen Minuten noch so siegessicher ansahen.
„Sagt mir nicht, Ihr habt noch nie etwas von den Lehrensuchern gehört? Sie führen eine riesige Bibliothek.“
Die Aufmerksamkeit des Elfen war mir nun sicher. Faszination glänzte mit einem Mal in den fremden Mandelaugen, und es war mir, als erblühte mit ihr in ihnen eine Art Hoffnung.
„Wo kann man diese Lehrensucher finden, Tarn Bachbräu?“, fragte er, und griff wie beiläufig nach dem Krug, um meinen Pin zu füllen. Ich beanspruchte das rote Gebräu sogleich für mich. Ein guter Tropfen, der mir heiß die Kehle herunter lief. So, wie ich es am liebsten mochte. Eines musste man diesem Elf ja lassen: er wusste, wie man Pandaren zum Sprechen brachte.
„Im Tal der ewigen Blüten. Das sind zwei Tagesmärsche von hier“, erklärte ich ihm, und wog meine gefallene Königsfigur in Zeigefinger und Daumen.
„Doch ich bin nicht sicher, ob sie einem von außerhalb der Nebel Eintritt gewähren“, fuhr ich fort.
„Oh“, entfuhr es dem Elfen etwas gedämpft, der mit seinen feinen Fingern nun ebenso nach seiner Dame griff, und sie beinahe schon höflich wieder zurück an ihren ursprünglichen Platz auf das Schachbrett stellte. Das lange schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht, nachdem er erneut einen Pin Alkohol herunter gestürzt hatte. Er schwankte bereits.
„Aber… fragen kostet ja nichts, nicht wahr? Was möchtet Ihr hier studieren, Morgentänzer?“ Der Elf blickte auf, ein scheues Rehlächeln auf den Lippen, das mich als Mann weniger beeindruckte, die Bardame Dimoe wohl aber schon, die ihm sodann wohlwollend nachschenkte und sich ungefragt zu uns an den Tisch setzte.
„Die Geschichte dieses Landes, Tarn Bachbräu. Seine Magie. Und die…Vergangenheit“, sprach er, und die blauen Augen wechselten in höflicher Manier zwischen mir und der Bardame her, wenn ihm auch die Augenlider etwas schwer über den Pupillen hingen. Er vertrug anscheinend nicht viel, und doch verschlang er in diesem Moment erneut die rote Flüssigkeit wie ein Loch.
„Sieh einer an. Ein Außenseiter, der sich für unsere Geschichte interessiert!“ krakelte Dimoe, nun offenbar noch faszinierter von dem Elf als zuvor. Sie warf mir einen auffordernden Blick zu.
„Magie, Morgentänzer...?“, hakte ich nach. Der Schwarzhaarige schenkte mir nun ein süffisantes Lächeln. „…Ganz wie Ihr wünscht, Tarn Bachbräu“, antworte er offensichtlich angetrunken, und ich verstand nicht so recht, dass das die Antwort auf meine Frage war.

Bis ich sah, wie er seine rechte Hand anhob und sich mit ihr der Krug aus den Händen der Bardame löste. Er flog zu mir herüber und schenkte mir wie von Geisterhand nach. Es folgte das Geräusch von Glas auf Holz, als die Karaffe wieder auf dem Tisch Platz nahm. Danach herrschte Stille. Ein halbes Dutzend Gesichter, die ihre Unterhaltung für dieses Spektakel unterbrochen hatten, glotzten uns an. Lediglich das leise Lachen der Elfendame, die sich zuvor noch auf dem Schoß des Elfen platziert hatte, ertönte wie ein schadenfrohes Echo aus einer hinteren Ecke der Bar.
„Faszinierend!“, presste Dimoe hervor und klatschte in die Hände. Einige der Anwesenden reihten sich mit in den Beifall ein, während andere aufstanden, ihre Bezahlung auf den Tisch legten und die Bar umgehend verließen.

Der Schwarzhaarige mit den blauen Augen lächelte daraufhin nur schäl, offenbar nicht mehr ganz bei sich. Und das nach lediglich vier Pins. Ein Magier also... Nicht, dass man so etwas hier noch nie gesehen hätte, dennoch mussten wir uns alle erst einmal an die Fremden und ihre merkwürdigen Fähigkeiten gewöhnen. Einige betrachteten das Werk jener Völker abseits des Nebels mit Faszination, andere mit Argwohn. Und ich? Ich war wohl irgendetwas dazwischen.

Die Bardame Dimoe riss mich aus meinen Gedanken, als sie ihre wurstigen Finger in meine Wange kniff. „Tarn! Ihr wolltet doch sowieso zum Tal der ewigen Blüten. Warum nehmt ihr diesen hübschen jungen Mann nicht einfach mit? Er könnte euch sicher mit Eurer Warenladung behilflich sein!“ Wieder dieser auffordernde Blick. Jungen Pandarendamen konnte ich kaum einen Wunsch abschlagen. Und es war ein Argument in der Tat. Vielleicht konnte er ja noch mehr als Karaffen schweben lassen. Mein Rücken hatte schließlich auch schon bessere Tage gesehen. Und sowieso – ich langweilte mich doch so leicht. Dieser Elf hätte sicherlich die eine oder andere Geschichte zu erzählen. Mit einem Mal begeistert von dieser Idee wandte mich daraufhin wieder dem fremden Elfen zu.

„…Was haltet ihr davon, Morgentänzer?“, fragte ich ihn, doch ich fand nun mehr seinen schwarzen Schopf vor mir auf dem Tisch liegend. Was ein merkwürdiger Geselle. Er war wohl mitten im Trubel eingenickt. Ein Unterhalter, der kein Publikum gewöhnt war - oder aber sich nicht um es scherte. Wieder ertönte dieses schadenfrohe Kichern aus der hinteren Ecke der Bar. Die Elfendame amüsierte die Situation wohl, oder aber mein Gesichtsausdruck.
„Ach, der arme Kerl!“, rief Dimoe aus und streichelte dem Elf über das schwarze Haar. Es war offensichtlich eine vergängliche Gelegenheit, die prompt wahrgenommen wurde. „Was ihn wohl plagt…?“

„Er ist nur betrunken“, raunte ich gelassen, während ich den magisch eingeschenkten Pin leerte und nun doch die letzten Münzen aus meinem Geldbeutel auf den Tisch purzeln ließ. Verdammt. Nun hatte er auch noch diese Partie gewonnen. Doch ich würde ihm die Gelegenheit geben, sich zu revanchieren. Kurzerhand hob ich den Fremden über meine Schulter. Er wog sicherlich noch nicht einmal zwei Fass. Ich sah noch aus dem Augenwinkel, wie die kichernde Elfendame sich prompt erhob. Sie schien erbost darüber, dass ich den Elf tatsächlich wegzutragen gedachte. Nun hatte ich ihr ein zweites Mal die Gelegenheit für eine gemeinsame Nacht verdorben. Morgentänzers nicht vorhandene Ehefrau würde es sicher freuen, dass Tarn Bachbräu zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Ein Gedanke, der mich zufrieden grinsen ließ, ehe ich die Tür der Bar mit dem Fuß aufstieß.

„Kommt bald wieder!“, rief Bardame Dimoe fröhlich hinter uns her, während ich den schlafenden Elf zu meinem Bierkarren trug. Die Geräuschkulisse der Bar verebbte schon bald, als wir den Weg zum Tal der ewigen Blüten antraten. Ob der Elf sich wohl über die kostenlose Mitfahrgelegenheit freuen würde, wenn er erwachte? Erst nachdem die Lichter des Dorfes in der Ferne verblassten, kam mir der Gedanke, dass auch Zorn zu den Eigenschaften des Fremden zählen könnte. Doch diese freundlichen blauen Augen, in die ich zuvor sah, gaben mir die merkwürdige Zuversicht, dass mein Handeln in seinem Sinne war. Zu Recht, wie sich schon bald herausstellte.

Kilreas Morgentänzer. Ich hätte niemals gedacht, dass ich einen Elf mal einen Freund nennen würde.
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